JELISA DELFELD zu Rassismus, Sexismus und Black Community

Mitglied bei der Black Community Foundation Stuttgart (BCF)

Jelisa ist 25 Jahre alt und in der Kleinstadt Spayer / Rheinland-Pfalz geboren und aufgewachsen. Nach ihrem Abitur machte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und arbeitet jetzt im Reddisson Blue in Mannheim. Gemeinsam mit ihren Teamkolleg*innen der BCF kämpft sie gegen Rassismus, organisiert Empowerment Treffen und setzt sich für die Vernetzung der Black Community ein.

Was hast Du an Deutschland?

Das Gesundheitssystem und Sozialhilfe ist ganz gut. Die Diversität in der Gesellschaft. Das Bundestreffen vom ISD ( Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. )

Was hasst Du an Deutschland?

1. Eingeschränkte Zukunftschancen. Ich fühle mich eingegrenzt in den Möglichkeiten. Man wird zum Arbeiter erzogen. Deutschland fördert die Selbstständigkeit kaum. Hohe Erwartungen in der Zukunft und an das eigene Leben werden eher klein gehalten. Die Berufsberatung an Schulen ist sehr desillusionierend. Schulische Maßnamen sind uninspirierend. Das System hält Dich klein. Meinem Bruder haben sie gesagt, dass er es höchstens zum Fahrer bei der Müllabfuhr schafft, denn als Schwarzer hat er eh keine Chance auf was anderes. Unsere Eltern waren froh überhaupt einen Job zu haben und freuen sich, dass wir Arbeit haben. Das ist auch ein Thema, dass wir bei der BCF sehr wichtig finden. Wir wenden uns hier an die junge Generation mit der Botschaft, dass sie so viel mehr erreichen können. Wir fördern unsere Jugend und schaffen Vorbilder. Ein Beispiel dafür ist unser öffentlicher Black Owned Business (BOB) Talk am 07.02.2020. 

2. Ignoranz der Leute. “Wenn ich’s nicht so gemeint habe, dann zählt es auch nicht.” Das wegnehmen wollen, von dem was du fühlst. Viele wollen sich nicht weiterbilden. Solange es sie nicht betrifft, wollen sie davon auch nichts hören.

3. Benachteiligung: Sobald Du Schwarz bist musst du immer viel härter arbeiten. Du musst von Dir mehr überzeugen, als es andere machen würden. Auf der Ausbildungssuche im Hotelgewerbe habe ich bei Vorstellungsgesprächen regelmäßig Absagen erhalten und Sätze gehört, wie:  “Wenn Du hier arbeiten willst, brauchst Du eine Perücke oder Du musst Deine Haare glätten.” “Braids sind unprofessionell.” Trage erst seit letztem Jahr meine Haare selbstbewusst und natürlich.

Wir sind aktuell wieder im Lockdown. Arbeitest Du?

Ich bin seit März 2020 in Kurzarbeit. Ich hab Glück gehabt, weil ich im Restaurant angestellt bin. Als das Café und die Bars geschlossen hatten, hatten wir noch genug zu tun, da wir noch Frühstück angeboten haben. Am Anfang war’s nur Room Service, später konnten wir teilweise auch wieder öffnen. Seit Dezember ist aber alles komplett zu.

Wie überstehst Du diese Zeit?

Eigentlich gar nicht. Aber ich halte den Kontakt mit Familie und Freunden so gut wie es geht. Einmal die Woche finden unsere BCF – Meetings per Zoom statt, aber sonst mache ich seit einer Weile eine Social-Media-Pause. Ich muss mich unbedingt mal wieder auf was positives konzentrieren. Ich konzentriere mich auf Bewerbungen für einen Nebenjob, aber die Suche ist schwierig. Ich will einfach endlich wieder arbeiten!

Du lebst doch in Mannheim, wie kommst Du dann zum BCF Stuttgart?

Das kam durch eine Freundin. Das Ganze hat auf Telegramm angefangen. Erst waren wir nur zu zehnt in der Gruppe um eine Black Lives Matter (BLM) – Silent Demo Sommer 2020 zu organisieren. Als wir dann auf 100 Personen gewachsen sind, hat die Initiatorin Nadja Asiamah 5 Privatperson als Vertreter*innen für die Anmeldung der Demo gesucht. Da ich voll hinter der Sache stand, habe ich mich dann aufstellen lassen.

Wie groß ist das BCF Team heute?

Wir sind jetzt neun Personen im Orgateam. Externe Supporter wie z.Bsp. für Web und Grafik gibt es natürlich auch. Wir sind mittlerweile mehr als ein Team, wir sind ein Freundeskreis geworden. Die Aufgabenverteilung findet je nach Stärken und Kapazität statt. Faisal zum Beispiel, ist eher der politische Kontakt und ich bin die Netzwerkerin. Aber eigentlich macht jeder alles. Wir sind ein demokratisch geführtes Unternehmen. Aber dadurch, dass Nadja Asiamah das Ganze ins Leben gerufen hat, sagen wir schon, dass sie eigentlich der Boss ist und am Ende entscheidet, wenn wir uns nicht einigen können. Ich selbst wurde zur Vertreterin von Nadja gewählt. 

In welcher Stadt gab es die BCF zu erst?

BCF ist in 30 Städten vertreten. Teil der Gruppe ist in der deutschlandweiten Communities aktiv. Die ersten BCF Organisationen entstanden in Mainz, Stuttgart und Frankfurt. Die Gründerinnen Nadja und Perla sind Influenzer auf YouTube. Sie haben ihre Reichweite und ihr Netzwerk genutzt um BCF deutschlandweit aufzubauen. Unsere erste BLM Silent Demo fand am 06.06.2020.

Wie bist Du auf dieses Projekt gekommen? 

In unserem  BCF – Empowerment Workshop im November hast Du uns Dein Projekt vorgestellt.

Hast Du Diskriminierung erfahren? 

Rassismus. Ich hatte in der Schule sehr viel Rassismus erfahren. Bei meinem Bruder war es nochmal eine Stufe krasser. Als Schwarzer Mann ist das nochmal anders. Durch diese Problematik waren wir viel beim Schulministerium und so kam ich dann auch mit 14 Jahren zum Bundestreffen vom ISD (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V.). Dort habe ich viel über die Black History in Deutschland gelernt und auch erfahren, dass wir früher hier nicht lesen und schreiben lernen durften. Das war dann so ein Moment in meinem Leben, in dem ich entschieden habe, dass ich die Beste sein will. In der Schule wollte ich immer die Beste in Deutsch sein. Ich musste es allen zeigen. 

Sexismus. Dumme Kommentare von Gästen bei der Arbeit, wie z.B.: “Ich hatte noch nie eine Schwarze Frau.” “Stimmt das das Schwarze Frauen dies und das können?” “Ihr habt so große Lippen, ihr könnt bestimmt gut blasen.” Es gab auch Kommentare zu meinen Brüsten und Po. Frau kennt das gar nicht anders. Männer denken sie dürfen einen einfach anfassen, aber ich verteil auch mal ne Schelle. Ich bin froh über mein Selbstbewusstsein.

Was ist Hass für Dich?

Hass ist ein sehr tiefes emotionales Gefühl. Eine Wut, von der ich nicht mehr weiß wohin damit. Sie wird zu Hass. Wenn man erstmal im Hass ist, ist es sehr schwer da wieder raus zu kommen. In unserer Situation sind Hassgefühle sehr verständlich. Wenn ich Filme angucke wie “When they see us” (siehe Video unten) steigt so viel Hass in mir auf. Ich bin ein Mensch, der eigentlich nicht hassen will. Heute schau ich, dass ich diese Gefühle in was positives verwandelt.

Was soll sich in Deutschland ändern?

Mehr Offenheit. Mehr Bereitschaft zu lernen. Mehr Bewusstsein schaffen. Kolonialgeschichte soll in der Schule ausführlich gelehrt werden. Ich wünsche mir hierzu ein Schuldbekenntnis von Deutschland. Es sollte nicht nur Holocaust und Hitler thematisiert werden. Ich wünsche mir, dass wir eines Tages wirklich alle an einem Tisch sitzen können und das auch wollen. Mehr Austausch darüber was falsch läuft und was wir gemeinsam besser machen können. Die Leute sollen daran glauben, dass sie mehr erreichen können.

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